
Als ich letzte Woche den Blog-Artikel von Jasmina las, kamen mir sofort einige Momente ins Gedächtnis, in denen auch ich Enttäuschungen und Verletzungen erfahren habe. Wir alle wurden in unserem Leben schon des öfteren enttäuscht oder verletzt, und das von ganz unterschiedlichen Personen. Oftmals auch gerade von genau den Personen, denen wir sehr vertrauten. Die Frage, die ich mir immer wieder stelle, ist: Wie gehe ich damit um? Lasse ich zu, dass es mich verletzt oder eben nicht? Die gute Nachricht ist: Tatsächlich habe ich die Wahl.
Ein Wort, dass mir sofort dazu einfiel, war: Vergebung. Es ist ein Wort, dass wir alle schon so oft gehört haben und dem wir oftmals viel zu wenig Bedeutung geben. Denn nicht zu vergeben, also Unvergebenheit, hat eine toxische Wirkung auf uns selbst. Wir vergiften uns quasi innerlich selbst damit. Die Folgen werden dann irgendwann auch für andere sichtbar: Bitterkeit und ein verhärtetes Herz. Und da unsere Seele mit unserem Körper verbunden ist, ist es möglich, dass auch unser Körper dadurch beginnt zu kränkeln.
Ein Erlebnis, dass ich vor vielen Jahren hatte, kam mir ebenfalls unweigerlich wieder in den Sinn, als ich Jasmina´s Text las. Ich möchte es an dieser Stelle gern mit dir teilen, denn es hat mich sehr viel gelehrt und mir im Laufe der Jahre immer wieder sehr geholfen.
Ich war auf einer Feier. Wir hatten alle viel Spaß und lachten viel. Mit einigen Personen begannen wir ein bestimmtes Spiel zu spielen und bildeten zwei Teams. Wir versuchten nun gegen das andere Team zu gewinnen. Während des Spiels begannen zwei Personen aus dem gegnerischen Team Dinge zu sagen wie "Du schaffst das nicht", "Du kannst das überhaupt nicht" oder "Uhhh, du bist aber schlecht". Wohlgemerkt: Es war nur ein Spiel! (Und wenn ich genau diese Situation heute noch einmal erleben würde, würde ich wahrscheinlich kontern, mich köstlich amüsieren und vor lachen kaum spielen können. ;-) )
Aber damals fühlte ich mich irgendwie wie ein Niemand und hatte einfach überhaupt keine Ahnung, das auch ich wertvoll und liebenswert bin. Und die Personen, die mir das entgegen schmetterten, waren Menschen, zu denen ich aufschaute und die ich sehr schätzte. Mir war zwar vom Kopf her bewusst, dass es lediglich ums Spiel ging und die Personen mich in keinster Weise persönlich meinten oder mich damit verletzen wollten. Dennoch traf es mein Herz, das auf `nicht liebenswert´ und `abgelehnt´ programmiert war, mit voller Wucht so dermaßen, dass meine Augen sich prompt mit Tränen füllten. Ich versuchte, das Spiel noch irgendwie zu Ende zu bringen, aber der Tag war gelaufen. Ich wollte nur noch nach Hause. Ich versuchte mich zusammenzureißen und mir nichts anmerken zu lassen. Aber als ich dann zu Hause war, gab es kein Halten mehr. Eine ganze Flut von Tränen ergoss sich über mein Gesicht. Ich weinte und weinte und weinte. Weil es innerlich so weh tat! Es hatte mich sehr verletzt, dass genau diese Personen, die ich so sehr schätzte, mir so etwas gesagt hatten. Und während ich da so in der Küche auf dem kleinen Hocker saß und in meinem Selbstmitleid badete, erinnerte mich Jesus daran, dass ich den beiden Personen vergeben sollte. Alles in meiner Seele schrie regelrecht NEIN! Jedes noch so kleine Fünktchen wehrte sich dagegen, weil es so weh tat. Mein Herz war wieder einmal verwundet. Und dieses Mal sehr stark. Ich wollte nicht vergeben. Aber mir war auch folgendes bewusst: Wenn ich diesen Personen nicht vergeben würde, hätte das Folgen, die sehr unschön wären.
Erstens würde ich beginnen diese Personen zu meiden. Dann würde ich zweitens beginnen, die negativen Dinge in deren Leben mehr zu sehen und zu suchen, was unweigerlich zu Verurteilung führt. Ich würde mich drittens anfangen unwohl zu fühlen und in letzter Instanz würde ich dann überhaupt keinen Kontakt mehr haben. Und das wäre fatal gewesen. Denn mir war bewusst, dass ich von diesen beiden Personen sehr viel lernen konnte, was mir höchstwahrscheinlich für den Rest meines Lebens helfen könnte.
Was tat ich also? Nach längerem ringen mit mir selbst, entschied ich in meinem Herzen, das zu tun, was Jesus mir sagte. Ich riss mich also zusammen und sagte: "Ich vergebe XY jetzt, das sie mich so sehr verletzt haben in Jesu Namen."
Das war alles. Mehr nicht. Was dann aber geschah, werde ich niemals vergessen! Es war so großartig, erstaunlich und wunderbar, dass es mich sehr geprägt hat! Nicht mal eine Minute, nachdem ich das ausgesprochen hatte - aus purem Gehorsam Jesus gegenüber - fand ich mich dort, immer noch auf dem kleinen Hocker in der Küche sitzend, total beruhigt wieder. Ich hatte aufgehört zu weinen und fragte mich ernsthaft, was für ein Problem ich eigentlich gehabt hatte. Der tiefe Schmerz war regelrecht ausgelöscht. Es war alles weg. Die Tränen waren versiegt und ich wusste nicht mal mehr genau, was mich eigentlich verletzt hatte. Es war lächerlich gewesen. Ich musste erst mal verstehen, was da gerade abgelaufen war. Die Situation hatte sich schlagartig um 180 Grad gedreht.
Heute weiß ich genau, was damals passiert war. Durch meine Herzens-Entscheidung, den beiden Personen zu vergeben, konnte Jesus mein Herz sofort wieder heilen. Ich war dadurch wieder in der Lage, klar zu sehen, dass es mich überhaupt nicht persönlich betraf und dass es eigentlich an meiner inneren Sichtweise lag, an meinem falsch "programmierten" Herzen. Das "Gift" von Unvergebenheit hatte noch nicht lange in mir wirken können. Es wurde ziemlich schnell nach der Verletzung entfernt. Deshalb hatte es keinen großen Schaden in mir anrichten können. Dadurch konnte ich wieder ohne jeglichen negativen Beigeschmack an die zwei Personen denken und ihnen frei begegnen.
Wenn ich so darüber nach denke, bin ich wirklich sehr froh, dass ich damals diese gute Entscheidung getroffen habe. Sie hatte im Grunde Einfluss auf mein ganzes darauf folgendes Leben. Denn in den darauf folgenden Jahren hat Jesus sehr viel durch diese Personen zu mir gesprochen, was mein Leben bis jetzt positiv geprägt hat. Dieses für mich sehr einschneidende Erlebnis hat mir schon so oft geholfen, wenn mich jemand verletzt hat, mich daran zu erinnern, was die richtige Entscheidung und Handlung ist, um schnelle Heilung zu bekommen, damit mein Herz weich bleibt und ich frei bleibe, dem anderen immer wieder zu begegnen.
Wie du siehst, haben wir selbst die Wahl! Ich kann mich entweder dazu entscheiden, weiter in meinem Selbstmitleid zu baden, was wirklich auf Dauer negative Folgen hat. Ich lasse zu, dass es mich innerlich vergiftet und auffrisst, ich bitter und hart werde.
Oder ich entscheide mich, dem anderen zu vergeben und gebe Jesus so die Möglichkeit, mein Herz wieder zu heilen und mich sozusagen wieder zu "entgiften". Dann geht es mir wieder gut und ich kann dem anderen wieder ungetrübt begegnen.
Bei älteren Verletzungen, bei denen das "Gift" schon länger in unserem inneren gewirkt hat, dauert der Heilungsprozess manchmal auch länger. Trotzdem ist es für Jesus niemals unmöglich! Aber die Entscheidung treffe ich selbst.
Übrigens: Wenn ich jemanden vergebe, heißt es nicht, das ich wirklich schlimme Dinge, die mir jemand angetan hat, damit verharmlosen soll oder das es die Tat gering oder weniger schlimm macht. Vergeben heißt: Ich lasse los, lasse meine Anklage fallen und überlasse es Gott. Er wird sich darum kümmern, denn Er ist der gerechte Richter. Und wenn ich denke "Ich kann demjenigen nicht vergeben! Es ist wirklich schlimm, was mir angetan wurde!", dann muss ich mich daran zurück erinnern, was mir schon alles vergeben wurde. Gott hat mir sooo viel vergeben! Seine Gnade mir gegenüber ist so unfassbar groß und niemals endent! Und aus dieser Perspektive fällt es mir dann leichter. Wir sind alle kein unbescholtenes Blatt. Wir haben also die Wahl.
Geht vielmehr freundlich miteinander um, seid mitfühlend und vergebt einander, so wie auch Gott euch durch Christus vergeben hat.
Epheser 4,32 NGU2011
In diesem Thema steckt so viel drin. Aber für heute möchte ich dich ermutigen, mal ganz tapfer den Blick in dein Herz zu wagen und zu schauen, ob du noch Unvergebenheit entdeckst. Es ist nicht schlimm es zu entdecken. Wir alle haben solche Punkte und müssen immer mal wieder so eine "Inventur" machen. Es wäre nur nicht gut für dich, wenn du es wissentlich in dir drin lässt, weil du dir damit selbst schaden würdest. Sei also mutig und triff die gute Entscheidung es loszulassen und es Gott zu überlassen, damit du in Freiheit leben kannst. Denn du bist wirklich wichtig!
Und ebenso wünsche ich dir auch, dass du das nächste mal, wenn dich jemand verletzt hat, sofort die richtige Entscheidung triffst, zu vergeben. Damit es gar nicht erst beginnen kann, dich zu "vergiften". Lass los, überlasse es Gott und genieße deine Freiheit!
You Really Matter
Silvia
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