
Als ich gestern zu unserer Tochter gehen wollte und die Tür zu ihrem Zimmer öffnete, bemerkte sie mich gar nicht. Sie saß an ihrem Schreibtisch und hörte über ihre Kopfhörer Musik. Auch als ich es noch einmal mit anklopfen versuchte, blieb sie, mir mit dem Rücken zugewandt, dort sitzen und rührte sich nicht. Daraufhin macht ich mir einen kleine Spaß daraus und schlich mich langsam in eine Ecke des Zimmers, in der ein Sessel steht. Dort machte ich es mir gemütlich. Als ich gerade meine Füße auf den davor liegenden Sitzsack legte, nahm sie einen ihrer Kopfhörer raus. In genau diesem Moment vernahm sie das leise Rascheln der kleinen Styropor-Kügelchen, die sich in dem Sitzsack befinden. Sie fragte sich, was das für ein Geräusch war, drehte sich um und erschrak, als sie mich dort sitzen sah. Danach lachten wir gemeinsam. Sie hatte absolut nichts von meinem Anschleichen wahrgenommen.
Diese Situation war ziemlich witzig und wir hatten Spaß zusammen. Aber es gibt in unserem Leben immer wieder Dinge, die sich so ganz allmählich und unbemerkt einschleichen und gar nicht so lustig sind. Schleichende Prozesse. Von einem möchte ich dir heute erzählen.
In den vielen Jahren, in denen ich nun schon mit Jesus unterwegs bin, kam es immer wieder zu solchen negativen Schreck-Momenten. Es gab immer wieder einen Punkt, an dem ich plötzlich merkte, dass ich gefühlt die Nähe zu Jesus ein Stück weit verloren hatte. Und das fühlt sich überhaupt nicht gut an! Außerdem läuft dann auch alles andere nicht mehr so rund, habe ich den Eindruck. Dieser Moment macht sich bei mir auf einer ganz bestimmten Art und Weise bemerkbar: Ich singe nicht mehr.
Wenn das der Fall ist, dann ist Alarmstufe ROT!
Es ist ein schleichender Prozess, den ich erst mal gar nicht wirklich bewusst bemerke. Früher ist mir das oft erst nach vielen Wochen aufgefallen. Heute merke ich es schon nach kurzer Zeit, denn ich habe glücklicherweise dazugelernt.
Wie kommt das aber zu Stande?
Wir leben in einer Welt, in der es mehr als jemals zuvor Dinge gibt, die uns ablenken können. Wir haben heute so viel Technik - für die ich als Technik-Fan wirklich dankbar bin, denn sonst könnten wir diesen Blog beispielsweise gar nicht machen. Unser Arbeitspensum ist oft von außen, aber auch von uns selbst, sehr hoch gesteckt. Wir haben viele Dinge zu erledigen. Der Kopf ist voll. Die Möglichkeiten scheinen schier unendlich.
Es gibt Zeiten, in denen bin ich ganz fokussiert. Aber dann gibt es immer mal wieder auch Zeiten, da denke ich, dass ich mich erst mal um andere Dinge kümmern muss: Aufräumen, Mails schreiben, putzen, Kontakte pflege... was auch immer. Es fallen mir dann tausend Dinge ein. Und schwups ist der Tag vorbei und dann der nächste und der nächste... Meine Gedanken beschäftigen sich dann mehr und mehr mit alltäglichen Dingen und mein Herz wird diesen Gedanken gegenüber weicher, aber dem Reden Gottes gegenüber härter. Wenn ich mir dann wirklich die Zeit für Gott nehmen möchte, sind meine Gedanken so dermaßen voll mit anderen Dingen, dass ich mich überhaupt nicht mehr gut auf Gott fokussieren kann. Dann braucht es regelrecht ein hartnäckiges Dranbleiben, bis ich endlich wieder richtig konzentriert bin und auf Gottes Reden hören kann.
Mittlerweile merke ich das, wie gesagt, viel schneller als früher. Ich habe gewisse Punkte bei mir entdeckt, anhand denen ich das erkennen kann.
Ich liebe es in der Musik, mit singen im Lobpreis Gott zu begegnen. Lobpreis-Musik ist in meinem Alltag immer dabei: ob beim Kochen oder Autofahren etc. Aber normalerweise nehme ich mir auch bewusst Zeit dafür - nur Gott und ich und die Musik. In genau diesen Zeiten habe ich oft sehr tiefe Begegnungen mit ihm. Ich lobe ihn dabei, danke ihm und denke dabei an all das Gute, dass er schon in meinem Leben getan hat. Und ich höre seine Stimme, die mir Richtung gibt.
Aber es gibt auch immer mal wieder solche Momente, da scheinen andere Dinge Vorrang zu haben und ich möchte sie vor dieser Zeit mit Gott erledigen. Das wiederum führt dann dazu, dass ich nicht mehr dazu komme, mir die kostbare Zeit mit Gott zu nehmen. Wenn dies öfters vorkommt, dann höre ich nur noch nebenbei die Lobpreis-Musik und singe mit. Als nächster Schritt in dieser Abwärtsspirale folgt dann das `nicht mehr mit singen´. Und wenn ich mir dann nicht mal mehr Lobpreis-Musik anmache, dann ist die Alarmstufe GANZ-DUNKEL-ROT! An diesem Punkt gibt es dann irgendwann einen richtigen Schreck-Moment und es fühlt sich dann ganz "plötzlich" an. "Wie ist das so plötzlich passiert?", stellte ich mir früher dann die Frage.
Mit jeder Stufe weiter unten fällt es mir schwerer mich wieder auf Gott zu konzentrieren und seine Stimme zu hören, obwohl ich ganz genau weiß, dass es das Beste ist, was es überhaupt gibt und es mir so gut tut wie nichts anderes auf dieser Welt. Durch den folgenden Bibelvers hat Gott mir diese Abwärtsspirale vor Jahren erklärt. Und genau diesen schleichenden Prozess gilt es zu stoppen!
Trotz allem, was sie von Gott wussten, ehrten sie ihn aber nicht als Gott und brachten ihm auch keinerlei Dank. Stattdessen verloren sie ihre Gedanken ins Nichts, und in ihrem uneinsichtigen Herzen wurde es finster.
Römer 1,21 (NBH)
Auch wenn es in diesem Vers noch um Anderes geht, stecken hierin zwei Schlüssel.
Gott ehren / loben / preisen - und Gott danken.
Wenn ich Gott lobe und preise für das, wer und was er ist und ihm danke für das, was er für mich schon alles getan hat, dann bleibt mein Blick auf ihn gerichtet. Meine Gedanken beschäftigen sich immer wieder mit all diesen wunderbaren Dingen und ich bleibe in Beziehung mit ihm, weil ich ja mit ihm rede und auch dann hören möchte, was er mir zu sagen hat.
Tue ich das nicht, dann füllen sich meine Gedanken im Grunde wie von selbst mit allen möglichen anderen Dingen und mein Herz wird Gott gegenüber immer härter.
Im Grunde ist es ganz einfach: Es gilt immer wieder die Prioritäten richtig zu setzen, um damit die negativen schleichenden Prozesse zu stoppen. Es gilt dran zu bleiben. Ablenkungen zu lokalisieren und auszumerzen. Manchmal auch auf drastischer Weise. Vor kurzem habe ich deshalb z.B. einige Apps auf meinem Tablet gelöscht. Sie lenkten mich zu sehr ab. Ich möchte immer wieder schauen, dass meine Gedanken auf Gott fokussiert bleiben.
Ich möchte dich heute genau dazu ermutigen: Schau hin, wo du gerade stehst. Es ist nicht schlimm, wenn du entdeckst, dass du gerade in der Abwärsts-Spirale bist oder vielleicht auch schon bei Alarmstufe GANZ-DUNKEL-ROT. Schlimm wäre, wenn du darin stecken bleiben würdest. Sei ehrlich zu dir selbst. Schau, was dich ablenkt und schaffe es aus dem Weg. Setze Prioritäten wieder richtig. Beginne gerade heute wieder Gott zu loben und ehren ihn für das wie und wer er ist, und danke ihm für all das Gute in deinem Leben. Und höre hin, was er dir Wunderbares zu sagen hat. Damit stoppst du den schleichenden Prozess der Abwärts-Spirale. Denn:
Du bist zu wichtig als das du nur irgendwie so vor dich hin lebst.
You Really Matter
Silvia
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Judith (Freitag, 18 Februar 2022 23:11)
Danke. Es ist immer wieder gut daran erinnert zu werden.